Kantonsrat Thurgau

Einfache Anfrage 
betreffend kantonale Meldestelle für Tierfunde               
Antwort des Regierungsrates

Im Zusammenhang mit der zivilrechtlichen Loslösung der Tiere als reine Sachen mit Inkrafttreten auf den 1. April 2003 hat namentlich das Fundrecht eine bedeutende Revision erfahren. Dabei wurde die Frist, in welcher ein Finder unter Beachtung der gesetzlichen Finderpflichten Eigentümer eines gefundenen Tieres wird, durch den neuen Art. 722 Abs. 1bis ZGB von vormals fünf Jahren auf zwei Monate verkürzt. Während Tierfunde bei Unkenntnis des Eigentümers bislang der Polizei anzuzeigen waren, verpflichtet der neue Art. 720a Abs. 2 ZGB die Kantone hierfür nun zur Einrichtung einer besonderen zentralen Meldestelle. Dies hat bis 1. April 2004 zu geschehen. 

Die neue zentrale Meldestelle des Kantons wird für das Fundrecht bei Tieren eine wichtige Rolle spielen, beginnt doch die neue, sehr kurze zweimonatige Frist für die Ersitzung ab Meldung bei dieser Stelle. Es ist deshalb wichtig, dass die Kantone ihrer diesbezüglichen Pflicht gewissenhaft nachkommen und ihre Meldestellen aufeinander abstimmen und vernetzen.

In unserem Kanton bemühen sich offenbar verschiedene Tierschutzorganisationen um den Betrieb der genannten Meldestelle. Ein Konzept ist noch nicht vorhanden. Weitere Punkte sind noch ungeklärt.

Aus diesen Gründen ersuche ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender 

Fragen:

1.    Wie beabsichtigt der Kanton Thurgau, den am 1. April 2004 in Kraft tretenden Art. 720a Ziff. 2 ZGB umzusetzen? Wo soll insbesondere die zentrale Meldestelle eingerichtet werden?

2.    Mit welchen Kosten wird für den Betrieb dieser Meldestelle gerechnet?

3.    Bestünden bei einer Vergabe der Meldestelle an eine private Organisation Probleme bezüglich Datenschutz und Entschädigungsansprüche?

4.    Das System der Meldestellen sollte auch funktionieren, wenn ein entlaufenes Tier eine Kantonsgrenze einmal überschreitet. Welche Möglichkeiten bestehen, um die Meldestelle mit solchen anderen Kantonen zu vernetzen? Ist solches geplant?

5.    In öffentlichen Anstalten und Verkehrsmitteln zugelaufene Findeltiere sind nach Art. 720 Abs. 3 ZGB den Hausherren, Mieter oder Aufsichtspersonen abzuliefern. Diese sind gesetzlich bislang nicht verpflichtet, die kantonalen Meldestellen zu informieren. Dies könnte durch das kantonale Recht geschehen. Ist in diesem Zusammenhang beabsichtigt, in einer der nächsten Revisionen des EG ZGB eine solche Vorschrift aufzunehmen?

 

Felben-Wellhausen, 5. November 2003                        Daniel Jung

 

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Antwort des Regierungsrates vom 22.12.2003:

Der Regierungsrat beantwortet die gestellten Fragen wie folgt:

Frage 1

Es ist vorgesehen, dass verlorene Tiere wie bis anhin der örtlichen Polizei gemeldet werden sollen. Dabei sollen die Polizeiposten aber nur die Funktion einer Anlaufstelle übernehmen, welche die Meldungen entgegennimmt. Die Polizei ist als erste Kontaktstelle in der Bevölkerung verankert, unter der Notrufnummer jederzeit erreichbar und verfügt über gute Kommunikationsmittel. Für die Verarbeitung von Meldungen verlorener Tiere ist die Polizei jedoch weniger geeignet. Es besteht daher die Absicht, diese Aufgabe mit einem entsprechenden Leistungsauftrag einer privaten Organisation zu übertragen, an welche die Polizeiposten die eingegangenen Meldungen weiterleiten können. Die Organisation würde eine entsprechende Datenbank führen. Im Moment wird versucht, mit anderen Kantonen oder allenfalls sogar gesamtschweizerisch eine solche Tiermeldezentrale zu schaffen. Entsprechende Konzepte liegen bereits vor. Es haben sich bereits einige Tierschutzorgansationen für diese Aufgabe beworben. 

Frage 2

Da die geplante interkantonale Tiermeldezentrale noch nicht organisiert beziehungsweise bestimmt ist, können auch die für ihren Betrieb anfallenden Kosten heute noch nicht beziffert werden. Es steht aber fest, dass eine interkantonale Tiermeldezentrale mit einem wesentlich geringeren finanziellen Aufwand aufgebaut und unterhalten werden kann, als wenn jeder Kanton einzeln eine ebenso wirksame Organisation errichten müsste. 

Frage 3

Bezüglich Datenschutz bestünden keine Probleme, da das Gesetz über den Datenschutz (DSG; RB 170.7) auch für private Organisationen gilt, denen vom Kanton eine öffentliche Aufgabe wie der Betrieb der geplanten Tiermeldezentrale übertragen worden ist (vgl. § 2 As. 2 Ziff. 2 DSG). Hinsichtlich der Haftung für allfällige Fehler einer solchen privaten Stelle ist auf das Verantwortlichkeitsgesetz (VerantwG; RB 170.3) zu verweisen, das generell auf Personen Anwendung findet, die mit öffentlichen Aufgaben betraut sind (vgl. § 1 Abs. 1 VerantwG). 

Frage 4

Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 

Frage 5

Art. 720 Abs. 3 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210), der in dieser Frage angesprochen wird, wurde im Zuge der Revision der betreffenden Bestimmungen des ZGB nicht geändert. Der Hausherr, der Mieter oder die mit der Aufsicht betraute Person, denen die verlorene Sache abgeliefert wird, werden gemäss geltendem Recht als Finder betrachtet (vgl. Art. 722 Abs. 3 ZGB). Sie sind demzufolge zu den entsprechenden Handlungen im Sinne von Art. 720 Abs. 1 und 2 ZGB verpflichtet (vgl. Tuor/Schnyder/Schmid, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 11. Auflage, Zürich 1995, S. 752). An diesen Grundsätzen ändert auch Art. 720a ZGB nichts, weshalb eine separate Regelung im Sinne der geforderten speziellen Meldepflicht gar nicht nötig ist. Aus diesem Grund ist auch nicht beabsichtigt, das Einführungsgesetz zum ZGB (EG ZGB; RB 210) zu revidieren. 

Der Präsident des Regierungsrates

Der Staatsschreiber

Frauenfeld, 22. Dezember 2003

 

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